Jede Ausgabe, die die Macht und Größe des Herrschers bzw. der Herrscherin im wahrsten Sinn des Wortes augenscheinlich machte, wurde daher als Notwendigkeit angesehen, die gut investiert war, zog man doch mehrfachen „Folgenutzen“ daraus.
Grundsätzlich war für Feste und deren Organisation der Obersthofmeister (bzw. das Obersthofmeisteramt als zentrale Hofbehörde) zuständig. Unter seiner Aufsicht standen auch die Hauptakteure (Hofdichter und das Personal der Hofmusikkapelle sowie die Theaterarchitekten). Diese dichteten, komponierten, bauten und sangen bzw. spielten im Rahmen ihrer Dienstverpflichtungen, sodass dem Hof keine weiteren Kosten für Gagen erwuchsen (zumindest theoretisch). Dass die Jahresgehälter der Topkünstlerinnen und -künstler (poeta cesareo, Hofkapellmeister, Primadonna und Primo uomo) in der „Oberliga“ des Hofes angesiedelt waren, steht auf einem anderen Blatt.
Was jedoch jedes Mal ordentlich ins Geld ging, waren Bühnenbauten, Kulissen und Kostüme, denn der Wiener Hof errichtete erst 1705 ein ständiges Hoftheater (heute: Redoutensäle), das jedoch nur wenige Jahrzehnte bespielt wurde. Und viele der Opere serie, Serenaden, Componimenti musicali etc. wurden in anderen Räumen und Schlössern oder gar im Freien (z. B. im großen Park der Favorita, des heutigen Theresianums) gegeben. Und in diesem Fall hieß es, mit viel Bauholz, Klampfen, Nägeln, Leinwand, Gips und Farbe für dieses eine Ereignis ein „Theatrum“ aufzurichten. Und das kostete… Auch an den Kostümen wurde nicht gespart, arbeitete man doch mit echten Seiden- und Brokatstoffen, Straußenfedern, Glassteinen und Glasperlen. Wenn man auch alte Kostüme umschneiderte und neu herausputzte, so war doch vieles ganz neu anzufertigen (zumal es immer wieder Klagen gab, dass die Sänger und vor allem Sängerinnen die Kostüme nicht zurückgaben, sondern damit ihre persönliche Garderobe „bereicherten“). Die Kosten für die Beleuchtung dürfen ebenfalls nicht unterschätzt werden. Denn sowohl die Bühne wie auch der Zuschauerraum mussten auf das Prächtigste beleuchtet werden – die Bühne und Kulissen mit speziellen Bühnenleuchten, um „special effects“ erzielen zu können und der Zuschauerraum, damit Kaiser und hohe Gäste nicht im Dunkeln sitzen mussten, denn das Barocktheater war durchgehend erleuchtet (und die open air-Aufführungen sowieso – inklusive Park).
Für den Hof Karls VI. gibt es insofern ein gutes Zahlenmaterial, als dieser die Organisation der Aufführungen einem „Appaltatore deren kayserlichen Operen“ übergab, der im Jahr 1720 56.000 fl (Florentiner Gulden) pauschal für bis zu drei Opern, dazu Serenaden, Oratorien und Heilige Gräber erhielt. Sollten – wie beispielsweise im Prager Krönungsjahr 1723 – mehr musikdramatische Werke veranstaltet werden, wurden diese mit 18.707 fl für eine große Oper im Großen Hoftheater, 16.105 fl für eine im Kleinen Hoftheater und 16.724 fl für eine im Comödiensaal der Favorita vergolten. Entstanden deutlich höhere Kosten, konnte der Pächter um eine Sondervergeltung (superplus) ansuchen – ob und wann diese genehmigt und v.a. ausbezahlt wurden, stand jedoch in den Sternen bzw. war vom kaiserlichen „placet“ abhängig. Besondere Ereignisse wie die Produktion der Angelica vincitrice di Alcina, 1716 zur Geburt des Thronfolgers Leopold veranstaltet, hatte alleine 80.000 fl gekostet. Und die diversen musikdramatischen Aufführungen im Zuge der Prager Krönung 1723 (u. a. Costanza e fortezza) überstiegen diesen Betrag bei weitem (auch wenn der neue „Appaltatore“ Johann Wolfgang Haymerle diese um den „Dumpingpreis“ von 50.000 fl angeboten hatte). Aber zum König von Böhmen wird man eben nur einmal im Leben gekrönt, und wie gesagt, wenn der „gemeine Mann die Majestät des Königs erkenne soll“...
Eigentlich herrschte bei den Habsburgern seit dem Mittelalter eine immer größere Divergenz zwischen Einnahmen und Ausgaben. Daher lebte man – wie auch der Staat heute – auf Kredit: bei den Fuggern oder später bei führenden Adelshäusern (Eggenberg, Schwarzenberg etc.), bis schließlich Franz (I.) Stephan in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts die Hausfinanzen nachhaltig sanieren konnte. Und war es manchmal auch eine Bürde, das Herrscherhaus mitfinanzieren zu dürfen, so war es auf der anderen Seite eine große Würde, eine Würde mit Nachhaltigkeitseffekt für die ganze Familie und deren Netzwerke. Denn an eine Rückzahlung des geliehenen Geldes konnten eingedenk der jahrhundertelangen „Tradition des Budgetdefizits“ wohl nur ein Einfaltspinsel denken. Doch viel besser: der Kaiser zahlte nicht in Geld und Zinsen, sondern in Titel, Rangerhöhungen, Vergabe von Gütern und Herrschaften, Positionen am Hof selbst etc. Und diese „Ökonomie der Ehre“ war für die Kreditgeber der Habsburger letztlich viel mehr wert als Geld.
Giuseppe Galli Bibiena, Szenenbild für Angelica vincitrice di Alcina, 2. Akt: "Isole orride, e disabitate occupate da diversi Mostri per incanto di Alcina", Wien [1716]
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