Besetzung
F. B. Contis Penelope ist mit acht Singstimmen – mit einem deutlichen Fokus auf hohe Stimmen – sowie einem aus Streich- und Blasinstrumenten sowie Basso continuo besetzt. Das Streichensemble, weist mit Ausnahme der geteilten Violastimme im zweiten Teil der einleitenden Sinfonia, die übliche Besetzung mit zwei Violinen und Viola auf, wobei die Violinen in einigen Arien auch unisono geführt werden. Die Continuogruppe besteht aus Violoncelli, Fagott, Kontrabass und Cembalo; möglicherweise waren noch weitere Instrumente wie beispielsweise eine Theorbe oder Gamben im Einsatz. In dieser Komposition haben die Bläser (2 Oboen, Fagott) keine eigenständigen obligaten Partien, sondern sie dienen an den Tutti-Stellen im Forte als Verstärkung der Streicher: Violine I und Violine II wurden von Oboen verdoppelt, die Continuostimme zusätzlich vom Fagott. Aus entsprechenden Anweisungen in den Partituren sowie aus Vergleichsmaterialien lässt sich rückschließen, dass die Bläser nur während der instrumentalen Partien mitspielten, während der Gesangspassagen jedoch pausierten, sodass die Singstimme gut hörbar und verständlich ist. Um die Singstimmen nicht zuzudecken, spielen auch die Streicher während der vokalen Teile im Piano. Wenn instrumentale Passagen im Piano geschrieben sind, sollen sie nur von den Streichern, also ohne Oboen und Fagotte, ausgeführt werden. Während den Gesangsteilen pausiert zudem der Kontrabass, der jedoch an instrumentalen Pianopassagen beteiligt ist. Die Anweisungen "senza hautb:" [= senza hautbois = ohne Oboen] und "piano" sind also synonym zu verstehen: Sobald ein Piano vorgeschrieben ist, haben die Bläser zu pausieren, außer, eine explizite Anweisung fordert sie zum Mitspielen auf. "Forte" oder "Tutti" impliziert, dass die Bläser zu den Streichinstrumenten hinzutreten. Die synonyme Bedeutung von Piano und "senza hautbois" zeigt sich deutlich im Vergleich der Anweisungen in den beiden Partiturhandschriften der ÖNB:
A-Wn Mus.Hs. 17110, fol. 7v (links), A-Wn Mus.Hs. 17226, fol. 7v (rechts)
Aus den Anweisungen in der Partitur und in Kenntnis der implizit geltenden Regeln erstellten die Kopisten die Einzelstimmen für die betroffenen Instrumente.
Conti verzichtet in der Penelope auf instrumentale Soli und weitgehend auf weitere Soloinstrumente wie z. B. Chalumeau, Theorbe, Viola da Gamba, Flöte oder Trompete, die am Wiener Hof vorhanden waren, aber in zeitgenössischen Opern häufig nur bei einer oder sehr wenigen Arien als Instrumente für einen besonderen Affekt verwendet wurden. Lediglich in der Arie des Tersite am Ende des II. Aktes wird ein weiteres Instrument benötigt – die beiden in der ÖNB aufbewahrten Partiturabschriften geben dabei keinen Hinweis auf die Besetzung des auf zwei Systemen notierten, arpeggierten Preludio sowie der auf einem System notierten Solostimme der Arie "Bravo! Bene!". Konkretere Informationen liefern hingegen die Libretti mit den dort in Klammern abgedruckten Szenenanweisungen:
© Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel; http://diglib.hab.de/drucke/textb-sbd-11-8s/start.htm
Tersite hört den Klang eines Salterio, eines großen Hackbretts, das auch unter dem Namen "Pantalon", nach seinem Erfinder Pantaleon Hebenstreit, bekannt war. Mit Maximilian Hellmann hatte der Wiener Hof einen eigens in Dresden ausgebildeten Virtuosen in der Kapelle. Mangels eines passenden oder auch allgemein bekannten deutschen Begriffs wurde in der zeitgenössischen Übersetzung des Librettos der Begriff "Salterio" mit "Harfe" übersetzt, die sich auch als Ersatz für ein Salterio anbieten könnte.
Da die Bläserstimmen und der Kontrabass nur verstärkende Funktion haben, wurden die für sie kopierten Stimmen häufig nicht aufbewahrt, sondern im Laufe der Zeit vernichtet, um Platz zu sparen. Deshalb sind auch für die Penelope an Instrumentalstimmen nur die Streicherstimmen – Violine I, Violine II, Viola, Violoncello – erhalten. Für die Edition bedeutet das, dass die Besetzungswechsel an vielen Stellen rekonstruiert werden müssen, da sie in den Partiturabschriften nicht verlässlich an jeder Stelle explizit notiert sind.
Aus diesen in den Partituren nur angedeuteten, da am Wiener Hof allgemein bekannten Prinzipien resultiert eine Ausdifferenzierung im Hinblick auf Dynamik und Besetzung bzw. Klangfarbe, die die auf Kontrasten bzw. Wechseln von instrumentalen und vokalen Teilen basierende musikalische Struktur verdeutlicht. Die konkrete Besetzung ist nicht Teil der kompositorischen Struktur, sondern Teil der Aufführungspraxis: Zu einem gewissen Grad variabel, kann sie an die jeweiligen Aufführungsbedingungen, wie z. B. Raumgröße, Akustik, Stärke der Gesangsstimmen, verfügbares Instrumentarium, adaptiert werden.
Literatur:
Dagmar Glüxam, Instrumentarium und Instrumentalstil in der Wiener Hofoper zwischen 1705 und 1740 (Publikationen des Instituts für österreichische Musikdokumentation 32), Tutzing 2006.